Der Via-Julia-Radweg durch das ehemalige Pons Aeni

In Rosenheim trifft mit der Hauptvariante des Via Julia der Radfahrer in Langenpfunzen auf den Geschichtsträchtigen Ort Pons Aeni.
Leider deutet nichts mehr auf die Römer hin, die Zeit hat alle Spuren überwuchert. Aber aus römischer Literatur und archäologischen Funden können wir uns ein Bild vom ehemaligen Pons Aeni machen:

Schon die Vielfalt des Namens beeindruckt: Pons Aeni – Ponte Aoni – Ad Enum – Statio Enensis.

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Vasensäule zur Erinnerung an die Römer
in Westerndorf St. Peter am alten Rathaus,
heute KFZzulassungsstelle und Standesamt.

Über Wernhardsberg hereingekommen kann der Radfahrer jener Römer gedenken, welche hier eine Villa hatten mit Heizung und Plattenfußboden.

Bevor Langenpfunzen dann im Norden umfahren wird, sieht der Radfahrer zu seiner Rechten Westerndorf St. Peter, den Stadtteil der Stadt Rosenheim mit seinem schmalen Zwiebelturm der Kirche St. Peter. In diesem Stadtteil wurde durch Zufall bereits Anf. des 19. Jahrhunderts ein Fund von Römerwaren gemacht. Aber erst 1975-1978 wurden Teile eines Töpfereibetriebes aufgedeckt: Es kamen vier weitere Brennöfen zum Vorschein. Von den Brennöfen waren zwei aus Zentralgneis und Glimmerschiefer gemacht, und drei aus Lehm gebaut. Alle aber waren im lehmigen Untergrund eingetieft, oval mit einem Längsdurchmesser von zweieinhalb Metern. Mehrere Luftregulierungskanäle im Sockel und ein stabiler Brennrost ergaben einen fachgerechten Brennofen.

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Einer der aus Lehm gebauten Brennöfen
bei der Ausgrabung

Aus Nicht-Rosenheimer Funden wissen wir heute, dass die Gründung des großen Töpfereibetriebes (zeitweise arbeiteten mehrere hundert Menschen darin) von Rheinzaubern (bei Speyer) her kam und im letzten Viertel des 2. Jhs. erfolgte. Produziert wurden unverziertes Geschirr wie Becher und Teller, Geschirr mit Auflagendekor wie Kultbecher, Vasen mit Kerbschnittzier, Reliefverzierte Sigillata, sogenannte Bilderschüssel, schwarzgefirnte Krüge und hellgraue Faltenbecher.

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Die Bildmotive bestanden aus Mystischen Darstellungen wie Minerva mit Lanze, Schild und Eule zusammen, das Haupt der Medusa im Schild, die Venus an der Halbsäule, der Apollo mit Zweig, der Mars mit Speer und Schwert, der Vulcanus mit Hammer und Zange, Faun mit Bocksfüßen, Triton, der Baccchus mit Weintraube. Sie bestanden aber auch aus Menschendarstellungen wie ein Krieger mit Lanze und Schwert, ein Gefangener am Pfahl, Tänzerinnen, Flötenspieler, Gladiatoren im Zweikampf, Jäger, Ringer, ... Auch Tierdarstellungen zeirten das Geschirr: Hirsche, Hirschkühe, Pferd, Wildschwein, Bär, Hase, Eichhörnchen, Vogel, Pfau, Adler, Löwe, Löwin, Panther, ...

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Scherbe aus dem Formenschatz des Comitialis

Weiters wurde gefunden der Pressstempel zur Erstellung der Formschüssel, genannt Pfunze, Röhrenständer und Brennringe zum stapeln der Ware im Brennofen, Dachziegel, Tonrohre.

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Tonpfunze des Jassus

Die Töpferei entstand an höchster Stelle einer Schotterterrasse und arbeitete vor allem für das römische Militär in den Donauländern, so dass die römischen Truppen von Lorch bis Budapest mit einem rotglänzenden Tafelgeschirr versorgt wurden. Die Tätigkeit der Töpfer, ein erheblich wirtschaftsfördender Betrieb in unserem Alpenvorland, dauerte bis zum ersten Drittel des3. Jhs. Die Töpfermeister verewigten sich mit Warenzeichen und Namensnennung: "Comitialis" war der Großunternehmer, der die Töpfermeister "Erotus", "Decminus", "Luppo", "Venerius" und die Mitarbeiter "helenius" und "Onniorix", "Jassus". In der Anfangszeit stellten die Töpfer Gefäße mit ornamentalen oder bildlichen Darstellungen je eines Meisters in seiner Eigenart her (Reliefdekor), später erzeugten sie Massenware mit Rädchenverzierung.

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Scherben des Comitalis Scherben des helnius Scherben des onniorix

Zu seiner Linken aber schaut der Radfahrer auf den spitzen Turm der Laurentiuskirche in Pfaffenhofen. Bei dieser Kirche wurden ebenfalls Töpfereibetriebe gefunden, mit einem Meister Namens "dicanus" oder "dignus", ebenfalls von Großunternehmer Comitalis. Zwei Betriebe waren es, ein nördlicher, welcher mehr unverzierte Ware erstellte, und ein südlich liegender, welcher hauptsächlich mit Trierer Motiven arbeite. Brennöfen wurde leider nicht gefunden, aber Münzgeld (Denar des Kaisers Commodus 186/187 n. Chr.). Die Betriebe in Pons Aeni Pfaffenhofen arbeiteten nach Zerstörung durch die Alamanen 233 nochmals weiter bis zum weiteren Einfall der Alamanen 259/260.

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Vase des Dicanus gefundene Sparbüchsen

Neben Töpferbetriebsfundorten wurden Grundmauern eines römischen Tuffsteinbaus von der Größe 13 mal mindestens 22 Meter:, was als Militärmagazin gedeutet wird. So ein Magazin wurde immer in der Nähe eines röm. Kastells erstellt. Das Kastell selber scheint im östlichen Pfaffenhofener Ortsbereich, dem Kastenfeld gelegen zu sein. Denn dort wurde ein etwa 4 m breiter und 1,37 m tiefer Spitzgraben mit vorgelagerter Mauer entdeckt. Zugleich wurde an der Mauer ein späterer Kalkofen ausgegraben. Münzfunde und Tuffsteinmauer deuten daraufhin, dass Pons Aeni / Pfaffenhofen bis etwa 400 n. Chr. bestanden. Dann zog sich die römische Schutzmacht zurück, die Besiedelung blieb durchgehend bis heute.

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Heute ist der Innverlauf begradigt, und man sieht leider nicht mehr die Talweite, in der einst die Pons Eni war: sicher eine mehrteilige Brücke, oft von Hochwasser zerstört und zu späterer Zeit vielleicht dort gar nicht erbaut, wie der Fund der Quadersteine zu Mühltal vermuten lässt.

 

Kommt man mit dem Via-Julia-Radweg zum heutigen Damm des Inn, ist der Radfahrer auf der Höhe der ehemaligen Pons Eni bzw. Pons Aeni, der römischen Brücke der Julianischen Heerstraße über den Inn.

Der Gedenkstein steht leider 1110 m weiter Innabwärts aufgestellt, also zu weit unten. Diese dortige Stelle ist scheinbar eine spätere Stelle einer Innbrücke, wegen der Quadersteine wahrscheinlich aus der Zeit um 800 bis 1000 nach Christus, die bei Ausgrabung des Innflussbeckens gehoben wurden..
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Aber selbst diese Annahme ist falsch: Auf der dem Inn gegenüberliegenden Seite befindet sich die Stelle des Mitrastempels [siehe weiter unten beschrieben!] (innerhalb der vier roten Punkte auf dem Bild)
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Blickt der Radfahrer vom Damm aus über den Inn gegen Osten, also die Strecke der ehemaligen Römerbrücke hinweg, sieht er ganz klein wenig die Spitze der Leonhardskirche, die früher einst St. Jakob geweiht war, um 1500 St. Jakobus und St. Leonhard geweiht wurde und heute als Leonhardskirche gilt. Sie war aber zur Zeit der Römer wahrscheinlich die Wachturmstelle, um den Innübergang von der Ostseite aus zu überwachen.

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Die St. Leonhardskirche zeigt die Lage
der ehemaligen Römerbrücke PONS AENI an.

Der Radweg braucht aber eine heutige Brücke und führt  Innaufwärts, um bei Schlossberg mit der Brücke zu wenden und Innabwärts wieder zu fahren. Der Radfahrer fährt Innabwärts bis kurz vor der Leonhardskapelle. Bei einer höher ligenden Brücke siht er zur Rechte den Rannagraben hinauf., früher genannt Pfunzener Graben, und seit dem frühen Mittelalter nachweisbare Grenze für Gerichtsbarkeit, heute noch Gemeindegrenze zwischen Vogthareuth und Stephanskirchen.  In Ihm führte einst die Römerstraße zum Inn hinab. Sicher war diese Hügelnase nördlich des Pfunzener Grabens, auf welcher am unteren Gipfelrand die Kirche St. Leonhard steht, einst ein kleines Kastell, eine Leuchtfeuerstelle und Wachpostenstelle. Leider fehlt jeglicher archäologischer Nachweis (Kirche wurde in der Gotik ganz neu gebaut).

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Heute erkennt man am Rannagraben
nichts mehr von der Römerstr.

Kurz danch kommt der Radfahrer zur Leonhardskapelle, wo er im Brunnen einen um 180° gewendeten römischen Altarstein als Brunnentrog vorfindet, in dem St. Leonhard sein heiliges Wasser eingießt. Ein typisches Beispiel, wie das Christentum den Sieg über die römische Religion feierte. Dank dieser Art, denn so blieb noch manches von den Römern bis in unserer Zeit vorhanden, wenn auch oft schwer zu erkennen.

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Brunnentrog vor der Leonhardskapelle
ist ehemaliger Altarstein eines Römeraltars

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Der Via-Julia-Radweg wechselt ganz unmerklich die Römerstraße: da er nicht mit dem Rannagraben die Uferkante erklimmt, führt er jetzt am Inn entlang auf der ehemaligen Trasse der röm. Straße nach Turo (Burghausen). Der Radfahrer fährt am Inn entlang vorbei an einer ehemaligen Straße, gesäumt von Gräber, wie es an der Via Appia von Rom gegen Süden war. So wurde beim Doblergraben, dem nächsten Graben die Uferkante herab, ein röm. Friedhof entdeckt.

Vor Mühltal kommt er an einer Stelle vorbei, wo am Berghang die Fundamente eines ehemaligen Mithrastempel entdeckt wurden. Sie wurden freigegraben und man fand Teile des Marmorkultbildes, ein Mithrasköpfchen aus Marmor, Reste von mindestens fünf Weihealtären, Kultgefäße mit der Darstellung der Stiertötung, Teller, Becher und Schüsseln eines Geschirrs, Öllämpchen und Leuchter aus Eisen, Scherben mehrerer Trinkbecher aus Glas und Flaschen aus Glas, Bronzeschüsseln und Bronzefibeln, Dachziegelstücke und Wandverputzbrocken, Messer, Nägel und Tierknochen, Reibschalen und Räuchergefäße und etwa 580 Münzen, einige von 1. Bis zum 3. Jh, die meisten aber vom 4. Jh. Nachgewiesen wurde, dass der Tempel dreischiffig war, mit ziegeln bedeckt war, eine Grundfläche von 8, 80 m mal 12,20 m hatte, und auch noch eine Vorhalle hatte von 4 m Länge, die auf Holzpfosten ruhte. Der Tempel war zumindest teilweise aus Tuffstein erbaut. Das Gemäuer trug innen bemalten Putz, hatte seitliche Podien etwa 50 Zentimeter erhöht. Die Anlage wurde gemäß den Münzfunden um das Jahr 400 n. Chr. in Schutt und Asche gelegt.

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Die ausgegrabenen Grundmauern des Mithräums

Vase mit Abbild des Mithrasgottes

Von Wiese überdeckt
sind an diesem Berghang die Grundmauern
des dreischiffigen Mithrastempels von 8,80 x 12,20 m.

Oberhalb des Mithräums auf der Hochebene, wurden Spuren eines größeren Römerkastells entdeckt. Auch der Name Obernburg deutet wegen fehlender Befestigungsanlage im Mittelalter auf eine einst zur Römerzeit befestigte Anlage hin.

Nördlich von Mühltal stieg schräg einst die Römerstr. nach Turo die Uferkante hinauf, so dass sie südlich von Zaisering nach Ziellechen gelangte und dort wie die heutige Straßentrasse der St 2359 durch den Wald führt. Weil diese Straße sehr schnell und viel befahren ist, führt der Via-Jaulia-Radweg erst bei Entfelden die Uferkante hoch, kommt über kleine Straßen bis zur Überquerung der Staatsstraße und mündet in die Straße nach Straßkirchen zur Georgkirche, deren Existenznachweis auf 924 zurückgeht. Sicher aber geht diese Kirche wegen der Lage an der Römerstr. auf noch weit viel frühere Zeit zurück.


Was wissen wir noch von Pons Aeni? Entstanden ist die Ansiedelung auf Grund einer Straßen- und Zollstation, welche die Benefizianer des röm. Statthalters und des illyrischen Zolls unterhielten. Gegen Ende des zweiten Jahrhunderts dann begannen die Töpfermanufakturen ihr Werk, die vor allem Militärlagern in den östlichen Provinzen der Donau entlang belieferten. Zeitweise lagerten größere Heeresteile in Pons Aeni, bis in das 4. Jh. hinein.

Pons Aeni hatte große Wohnbezirke, aber leider wurde davon noch kein archäologischer Nachweis gefunden. Es muss auch eine große Militärstation gehabt haben, ebenso archäologisch nicht nachweisbar. Ach wurde noch kein archäologischer Nachweis über die Zollstation und die Station der Benefiziarier, welche die Wegtrasse in Stand zu halten hatten, wie auch noch kein Badehaus gefunden.

Der Name "-pfunzen" kommt nicht aus dem lateinischen Wort "pons", sondern hat sich aus dem lateinischen Wort "fontana" und "fontinalis" (Wasserquellengott) gebildet. Der Name "Mühl-" stammt aus dem altdeutschen Wort "mul", ein theophorer Name, der Gottheit bzw. Geistheit beinhaltet.

 

weiter zu der genauen Auflistung der Fundorte röm. Funde in Rosenheim.
und weiter zur Zusammenfassung der Säkundärliteratur über Pons Aeni


Siehe dazu auch die Internetseite des Städtischen Museums von Rosenheim,
wie die der Fans von Kelten und Römer,
wie die des Via-Julia-Radweges,
die alle über Pons Aeni berichten.

Und siehe meine Beschreibung des Via-Julia-Radweges durch den Landkreis Rosenheim


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